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Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren

Die Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahressteuergesetz 2010 ist mit dem Grundgesetz teilweise unvereinbar

Die Regelung des § 36 Abs. 6a KStG (i.d.F. von § 34 Abs. 13f KStG i.d.F. des JStG 2010) für den Übergang vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren ist mit Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit sie zu einem Verlust von im Zeitpunkt des Systemwechsels realisierbarem Körperschaftsteuerminderungspotenzial führt, ohne dass dieser Eingriff durch die gleichzeitige Verringerung von Körperschaftsteuererhöhungspotenzial vollständig kompensiert wird. Er ist zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele jedenfalls nicht erforderlich und wird zudem den Anforderungen des Gleichheitssatzes an die Umgestaltung von Eigentümerbefugnissen nicht gerecht.

Die Regelung betrifft den Übergang vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren. Im körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren bedurfte es umfangreicher Gliederungsrechnungen für das Eigenkapital der Körperschaft. Diese bildeten körperschaftsteuerliche Be- und Entlastungspotentiale ab, die in Folgejahren abhängig vom Ausschüttungsverhalten der Körperschaft realisiert wurden. Im Halbeinkünfteverfahren bedurfte es dieser Regelungen nicht mehr. Der Gesetzgeber führte daher mit dem Systemübergang Vorschriften ein, die den Fortbestand und die Aufzehrung dieser Potentiale behandelten. Bereits mit Beschluss vom 17. November 2009 (Az. 1 BvR 2192/05) erklärte das Bundesverfassungsgericht einzelne dieser Übergangsbestimmungen für mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. In Reaktion auf diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erließ der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 unter anderem die Regelung des § 36 Abs. 6a KStG, wonach Körperschaftsteuerminderungspotential unterschiedlich behandelt wurde, je nach Entstehungszeitpunkt des Eigenkapitals und dem jeweils geltenden Steuersatz. Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster gelangte jedoch zu der Überzeugung, dass in dem von ihm zu entscheidenden Streitfall diese Neuregelung abermals verfassungswidrig sei und legte die Frage dem Bundesverfassungsgericht vor.

Das Bundesverfassungsgericht ist der Argumentation des 9. Senats des Finanzgerichts Münster gefolgt und hat die Vorschrift wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig erklärt, weil der Wegfall des Körperschaftsteuerminderungspotential nicht vollständig kompensiert werde. Es hat dem Gesetzgeber aufgegeben, die betroffenen Fallgestaltungen bis zum 31. Dezember 2023 einer rückwirkenden Neuregelung zu unterwerfen. Bis zum Inkrafttreten dieser Neuregelung sind laufende Gerichtsverfahren auszusetzen. Dies betrifft auch das Vorlageverfahren, das nunmehr im 13. Senat des Finanzgerichts Münster (Az. 13 K 1600/12 F) geführt wird.

Quelle:

Bundesverfassungsgericht | Beschluss vom 06.12.2022 | Aktenzeichen:2 BvL 29/14


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