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Führerschein II

Was ist mit einem EU-Führerschein, der nach dem 19. Januar 2009 im Ausland ausgestellt wurde?

Als der EuGH in der Vergangenheit die damals gültigen deutschen Vorschriften als mit dem Europarecht unvereinbar erklärt hat, fühlte sich der deutsche Gesetzgeber in Zugzwang. Er hatte sich damals schon auf die Fahnen geschrieben, den „Führerscheintourismus“ zu unterbinden. Deshalb trat am 19. Januar 2009 die Neuregelung zum EU-Führerschein in Kraft.

Kann man nun mit einem solchen EU-Führerschein bedenkenlos in Deutschland fahren? Die unbefriedigende Antwort lautet: „Man weiß es noch nicht.“ Die bislang zu dieser Frage veröffentlichten Gerichtsurteile könnten gegensätzlicher kaum sein. Einige Gerichte halten sich am Wortlaut der neuen Vorschriften fest und vertreten die Auffassung, dass ein EU-Führerschein nicht zum Führen eines Kraftfahrzeugs in Deutschland berechtigt.

Andere Gerichte vertreten die genau gegenteilige Position.

Sie gehen davon aus, dass auch die neuen deutschen Vorschriften zum EU-Führerschein und dem damit verbundenen Tourismus gegen Europarecht verstoßen und daher nichtig sind. Nach dieser Auffassung bezieht sich die neu formulierte Ablehnungspflicht ausschließlich auf die Fälle, in denen der EU-Führerschein unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt worden ist.

Die momentane Situation ist für alle Beteiligten ausgesprochen unbefriedigend. Behörden, Rechtsanwälte, Gerichte und vor allem Betroffene hängen rechtlich in der Luft. Wenn ein Betroffener die Frage stellt, ob er seinen neuen EU-Führerschein in Deutschland nutzen kann ohne dass er Probleme bekommt, kann man im Moment hierauf keine vernünftige Antwort geben. Man kann allenfalls schauen, welche Auffassung das für den Wohnsitz des Betroffenen zuständige Verwaltungsgericht beziehungsweise das entsprechende Oberverwaltungsgericht vertritt. Ob diese Rechtsprechung auch im kommenden Jahr noch aktuell ist, kann heute niemand sagen. Es gibt natürlich auch Gerichtsbezirke, in denen zum Thema EU-Führerschein noch gar keine Entscheidungen getroffen wurde. In diesen Zuständigkeitsbereichen ist streng genommen keine Rechtsberatung zum EU-Führerschein möglich.

Gleiches gilt natürlich sinngemäß für Betroffene, die jetzt beabsichtigen einen neuen EU-Führerschein zu erwerben.

Niemand kann ihnen garantieren, dass es später nicht doch Schwierigkeiten mit den deutschen Behörden gibt. Soll man diesen Betroffenen raten den EU-Führerschein (verbunden mit all dem Aufwand und den entsprechenden Kosten) zu machen? Oder soll man lieber den steinigen Weg der MPU in Deutschland (ebenfalls verbunden mit Unsicherheit, viel Aufwand und noch mehr Kosten) empfehlen?

Leider sind die Möglichkeiten, eine schnelle Entscheidung zu forcieren, sehr begrenzt. Man muss sich einmal die Situation eines Betroffenen vorstellen. Gegen ihn läuft einerseits ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne Führerschein. Gleichzeitig hat er einen Bescheid seiner Führerscheinstelle erhalten, der sinngemäß besagt, dass er von dem im Ausland erworbenen EU-Führerschein in Deutschland keinen Gebrauch machen darf. Grundsätzlich ist von den Strafgerichten schneller eine Entscheidung zu erwarten als von den zuständigen Behörden beziehungsweise den Verwaltungsgerichten. Allerdings gibt es in der Strafprozessordnung eine Norm die es erlaubt das strafrechtliche Verfahren bis zur Klärung einer verwaltungsrechtlichen Vorfrage auszusetzen. Von dieser Möglichkeit der Aussetzung wird seitens der Strafbehörden gerne Gebrauch gemacht. Also bleibt der Fall letzten Endes doch bei den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten.

Bis in einem Verwaltungsrechtsstreit eine abschließende Entscheidung getroffen wird, dauert es etwas länger.

Ein halbes Jahr Vorverfahren ist dabei nichts Besonderes. In der ersten Instanz folgt dann etwa ein Jahr Prozessdauer, obwohl hier in aller Regel keinerlei Sachverhalt aufzuklären ist. Es geht meistens nur um eine Rechtsfrage. Wenn man dann Pech hat und das Verwaltungsgericht stützt die Auffassung der Führerscheinstelle, kann man nicht gleich in Berufung gehen. Man muss zunächst eine Zulassung der Berufung beantragen. Dieses Zulassungsverfahren kann weitere neun Monate in Anspruch nehmen. Nach der Begründung der Berufung wird das Oberverwaltungsgericht dann einen Termin zur Verhandlung bestimmen. Auch das geschieht nicht immer sofort. Es kommt durchaus vor, dass zwischen dem Beschluss, mit welchem das Oberverwaltungsgericht die Berufung zulässt und diesem Verhandlungstermin ein halbes Jahr liegt.

Vom Ausgangsbescheid der Behörde bis zur Entscheidung über den EU-Führerschein durch das Oberverwaltungsgericht vergehen also etwa zwei bis drei Jahre. Danach wird dann auch in der Strafsache entschieden. Also wird die Tat frühestens nach zwei Jahren, teilweise sogar wesentlich später, geahndet. Da hat die Strafe ihren Sinn fast vollständig verloren.

Inzwischen liegt das Thema EU-Führerschein zur Klärung (wieder) beim Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Mit einer Entscheidung ist allerdings frühestens im Laufe des Jahres 2011 zu rechnen. Darüber wie der EuGH entscheiden wird, kann man nur spekulieren. In der Vergangenheit haben die Europarichter allerdings eine Marschroute verfolgt, die den Verdacht nahelegt, dass sie auch die neue deutsche Regelung zum EU-Führerschein „kippen“ werden.

Es sprechen aus europarechtlicher Sicht wohl die besseren Argumente dafür, dass es bei dem Grundsatz zu bleiben hat, wonach ein EU-Mitgliedsstaat die Entscheidung eines anderen EU-Staates zu akzeptieren hat, ohne eine erneute Prüfung in der Sache vorzunehmen. Dementsprechend werden es die deutschen Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden wohl zu akzeptieren haben, wenn ein Betroffener nach Ablauf der in Deutschland verhängten Sperrfrist im Ausland eine neue Fahrerlaubnis erwirbt ohne sich den Mühen der MPU zu unterziehen. Das Europarecht scheint dies zu gebieten.

Bis die neuerliche Entscheidung des EuGH zum EU-Führerschein vorliegt, kann man jedem Betroffenen nur raten sich sowohl verwaltungs- als auch strafrechtlich zu wehren. Dies wird ohne kompetente anwaltliche Hilfe kaum möglich sein. Im Falle eines strafrechtlichen Freispruchs oder des positiven Ausgangs des verwaltungsrechtlichen Verfahrens, erhält man aber immerhin die entstandenen Rechtsanwaltskosten erstattet.

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Thomas Reichert

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