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Versicherungsbedingungen

Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen hat in der Vergangenheit die gesetzesähnliche Auslegung eine besondere Rolle gespielt.

Danach waren Versicherungsbedingungen unter Beachtung des wirtschaftlichen Zwecks der getroffenen Regelung und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Sinns der Normierung, den sie für alle Beteiligte und für alle Fälle vernünftigerweise gleichmäßig haben muss, auszulegen.

Bereits seit einiger Zeit kommt es nach der Rechtsprechung für die Auslegung entscheidend darauf an, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer (VN) die allgemeinen Versicherungsbedingungen bei verständiger Würdigung verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Zu Gunsten des Versicherungsnehmers sind die vom Versicherer verfolgten Zwecke bei der Auslegung nur dann maßgeblich, wenn sie in den Versicherungsbedingungen Ausdruck gefunden haben.

Die gesetzesähnliche Auslegung von Versicherungsbedingungen soll jedoch weiterhin greifen, wenn sie den Versicherungsnehmer besser stellt, als eine an dessen Verständnis orientierte Auslegung.

Darüber hinaus findet eine gesetzesähnliche Auslegung immer dann statt, wenn in der auszulegenden Klausel ein Ausdruck verwendet wird, mit welchem die Rechtssprache einen fest umrissenen Begriff verbindet. Das ist zumindest der Fall, wenn das allgemeine Sprachverständnis nicht von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen nicht etwas anderes ergibt.

Der Ansatz, Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein Versicherungsnehmer ohne besondere versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse sie verstehen kann, orientiert sich gerade deshalb zunächst und in erster Linie am Bedingungswortlaut. Zur Begründung weist der Bundesgerichtshof (BGH) in einer hierzu besonders aussagekräftigen Entscheidung vom 18. Februar 2009 (VersR 2009, S. 623) besonders auf den Schutz der Verbraucher hin. Der Versicherungsnehmer soll davor geschützt werden, bei der Auslegung mit ihm unbekannten Details der Entstehungsgeschichte einer Klausel oder Motiven des Versicherers konfrontiert zu werden. Umgekehrt soll der Versicherungsnehmer jedoch nicht ein seinem Verständnis der Klausel vermeintliches Motiv des Versicherers zugrunde legen, solange dieses im Wortlaut der Klausel keinen Niederschlag findet.

Was dem Bedingungswortlaut zu entnehmen ist, richtet sich nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens, soweit dieser den verwendeten Begriffen einigermaßen bestimmte Bedeutungen verliehen hat.

Weiterhin sind Versicherungsbedingungen aus ihrem, dem VN erkennbaren Sinnzusammenhang auszulegen. Im Hinblick auf in der auszulegenden Klausel enthaltene Begriffe kommt es hier zunächst auf den Sinnzusammenhang der Klausel selbst an. Aber auch der Kontext in dem die Klausel mit Versicherungsantrag, Versicherungspolice sowie dem gesamten, dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden, Bedingungswerk steht spielt eine Rolle. Dabei können auch besondere Bedingungen herangezogen werden.

Andere Bedingungswerke, welche dem Versicherungsnehmer regelmäßig nicht bekannt sind, müssen bei der Auslegung jedoch außer Betracht bleiben. Eine bedingungsübergreifende Würdigung von Versicherungsbedingungen findet demnach nicht statt.

Nach der heute herrschenden Sichtweise sollen Versicherungsbedingungen allein aus sich selbst heraus zu interpretieren sein.

Auch bei dieser Auslegung kommt es grundsätzlich auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an und in der Regel nicht auf eine gesetzesähnliche Auslegung. Dies hat der Bundesgerichtshof in aktuellen Entscheidungen besonders herausgestellt (zum Beispiel mit Urteil vom 14. Dezember 2011, Aktenzeichen: IV ZR 34/11). Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen hat danach sowohl die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, als auch die spätere Entwicklung außer Betracht zu bleiben.

Vergangene Gerichtsentscheidungen, welche die Versicherungsbedingungen ohne Berücksichtigung der Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen VN auslegen, müssen außer Betracht bleiben, soweit sie den aktuell gültigen Auslegungsgrundsätzen entgegenstehen. Sowohl die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, als auch die spätere Entwicklung können jedoch ausnahmsweise Berücksichtigung finden, wenn sie im Zusammenhang mit der Ermittlung des Zwecks der Klausel zu einem für den VN günstigeren Ergebnis führt.

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Robert-Joachim Wussow

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