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Off-Label-Use

Off-Label-Use und noch nicht zugelassene Medikamente

Unter einem „Off-Label-Use“ versteht man die Anwendung eines bestimmten Arzneimittels jenseits der vom Hersteller vorgegebenen Behandlungsfelder. Ein Off-Label-Use entspricht nur dann dem medizinischen Standard, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das durch Off-Label-Use eingesetzte Arzneimittel sowohl für das jeweilige Therapiegebiet als auch für die betreffenden Indikationen zugelassen werden kann. Darüber hinaus muss es in der medizinischen Praxis zur Behandlung der jeweiligen gesundheitlichen Störung anerkannt sein. Wann davon ausgegangen werden kann ist momentan umstritten.

Viele fordern, dass eine Erweiterung der Zulassung des jeweiligen Arzneimittels bereits beantragt sein muss und die Ergebnisse einer kontrollierten, klinischen Prüfung der Phase III veröffentlicht sind, bevor es zu einem Off-Label-Use kommen darf. Ferner muss eine klinisch relevante Wirksamkeit, beziehungsweise ein klinisch relevanter Nutzen, bei vertretbaren Risiken festgestellt worden sein.

Eine andere Rechtfertigung für einen Off-Label-Use ist, wenn außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Ergebnisse veröffentlicht sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen. Allerdings muss in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in Zusammenhang mit dem Off-Label-Use bestehen.

Danach entspricht der Off-Label-Use nur in Ausnahmefällen dem medizinischen Standard.

Trifft ein Arzt gleichwohl eine Entscheidung zugunsten eines Off-Label-Use auf der Basis von Einzelfallbeobachtungen oder auf der Basis von Veröffentlichungen mit unzureichenden Aussagen über den wissenschaftlichen Stand, liegt regelmäßig ein Behandlungsfehler vor.

Von vielen Seiten wird allerdings eine Herabsetzung der Anforderungen für den Off-Label-Use erwartet. Danach muss die Wahl der risikoreicheren Off-Label-Therapie nach Abwägung der Risiken medizinisch-sachlich begründet sein. Der Patient muss über die möglichen Risiken informiert werden. In einem Urteil vom 27. März 2007 (Aktenzeichen: VI ZR 55/05) hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass allein in der Verabreichung eines in Deutschland noch nicht zugelassenen Medikamentes noch kein Behandlungsfehler liegt.

Das gilt jedenfalls, wenn sich das Medikament in der klinischen Prüfung in Phase III befindet und kurz vor seiner Zulassung steht. Allerdings gehört es zu den Sorgfaltspflichten eines Arztes, sich vor einem Heilversuch mit einem noch nicht zugelassenen Medikament über die vom Hersteller oder vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen zu informieren.

Der Arzt muss den Patienten über den zulassungsüberschreitenden Einsatz einschließlich damit verbundener, auch entfernterer Risiken und Nebenwirkungen aufklären.

Das gilt insbesondere auch über die Möglichkeit bislang unbekannter Nebenfolgen, wenn Studien fehlen oder nur lückenhaft durchgeführt wurden. So ist etwa der Einsatz eines in Deutschland noch nicht zugelassenen Medikaments über einen Zeitraum von sechs Monaten ohne Beachtung erteilter, beziehungsweise vorliegender Hinweise auf erforderliche Kontrolluntersuchungen, fehlerhaft. Unter Umständen ist eine solche Behandlung sogar grob fehlerhaft.

Die Anwendung von Medikamenten mit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung lediglich für Erwachsene und Jugendliche kann trotzdem zum Standard der kinderärztlichen Betreuung gehören und den haftungsrechtlichen Maßstab bestimmen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Alternativmedikamente fehlen und im Rahmen einer auf den Einzelfall bezogenen Abwägung die Risiken der Nichtanwendung die Risiken eines Einsatzes übersteigen.

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RA Rüdiger Martis

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