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Schnelle Restschuldbefreiung - welche Möglichkeiten gibt es?

Die Restschuldbefreiung kann das Insolvenzverfahren erheblich verkürzen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob dies in jedem Falle sinnvoll ist.

Mit dieser Neuregelung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers eine Angleichung an die kürzeren Entschuldungszeiten der Europäischen Nachbarn (England, Irland und Frankreich) erreicht werden. Außerdem sollte ein Anreizsystem geschaffen werden, um zum Erreichen der Quote auch Gelder aus dem Verwandten- und Freundeskreis des Schuldners zu mobilisieren.

Der Gesetzgeber rechnete seinerzeit mit einer Verkürzung des Insolvenzverfahrens in 15% aller Fälle. Diese Erwartungen gingen jedoch vollkommen an der Realität vorbei. Die neu geschaffene Regelung der Restschuldbefreiung stand bereits bei ihrer Einführung in der Kritik und ist für die Mehrheit der Schuldner wirtschaftlich unattraktiv.

Das Restschuldbefreiungsverfahren - in jedem Fall sinnvoll?

Wenn der Schuldner Geld von Dritter Seite beschaffen kann, gibt es deutlich attraktivere Möglichkeiten zur Beendigung des Insolvenzverfahrens.

Dabei ist es nicht notwendig, eine Quote von mindestens 35% zu erreichen. Im Einzelfall kann bereits mit einer Quote von nur 5% oder weniger eine Schuldenbereinigung erreicht werden. Wie das genau funktioniert, soll an einem Beispiel erläutert werden:

Die Privatinsolvenz verkürzen: Ein Fallbeispiel

Frühjahr 2017: Frau S. verdient als Financial Analyst gut. Sie lebt in einer teuren Wohnung in der Hamburger Hafencity, hat einen Sportwagen geleast und pflegt auch sonst einen gehobenen Lebensstandard. Rücklagen hat sie nicht gebildet.

Sommer 2017: Frau S. wird wegen eines schweren Burnout Syndroms krankgeschrieben. Nach 6 Wochen erhält sie nur noch Krankengeld, 78 Wochen später nur noch Arbeitslosengeld.

Diese Einkünfte reichen nicht aus, um ihre hohen monatlichen Ausgaben zu decken. Frau S. schöpft ihren Dispo-Kredit und ihre Kreditkarten aus und zahlt die Miete und die Leasingraten für ihr Auto nicht mehr. Die Wohnung wird wegen der Zahlungsrückstände gekündigt und der Vermieter erhebt eine Räumungsklage.

Der Schuldenberg: 100.000 EUR

Frühjahr 2019: Frau S. ist wieder in der Lage, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern. Sie zieht in eine günstige Wohnung in Hohenfelde und beginnt auf Empfehlung ihres Therapeuten einen weniger stressigen Job. Dort verdient sie aber nur noch 1.300 EUR netto. Obwohl sie ihren Lebensstandard diesem geringeren Verdienst angepasst hat, wird sie ihre alten Schulden nicht los. Diese belaufen sich auf 100.000 EUR. Wenn Frau S. jeden Monat 250 EUR davon abbezahlt, dann würde das 400 Monate, also länger als 33 Jahre dauern.

1. Die außergerichtliche Schuldenbereinigung

Die Mutter von Frau S. ist bereit, 10.000 EUR zur Verfügung zu stellen, wenn Frau S. auf diesem Weg ihre Schulden los werden kann. Wird den Gläubigern dieser Betrag im Rahmen eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens angeboten, dann entspricht dies einer Quote von 10%.

Aber weshalb sollten sich die Gläubiger mit nur 10% ihrer Forderung zufriedengeben und Frau S. die restlichen Schulden erlassen? Der kluge Gläubiger stellt hier eine Vergleichsrechnung an: wenn Frau S. 6 Jahre lang ihr gesamtes pfändbares Einkommen (das sind bei 1.300 EUR netto derzeit 109,34 EUR/ Monat) an einen Insolvenzverwalter abführt, dann können die Gläubiger in 6 Jahren maximal 7.872,48 EUR bekommen. Von dieser Summe würden zudem der Insolvenzverwalter und das Insolvenzgericht bezahlt werden, so dass für die Gläubiger noch weniger übrig bleibt. Die Gläubiger fahren mit dem Angebot von Frau S. also besser, als bei einem regulären Insolvenzverfahren.

Es gilt, die Gläubiger von einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung zu überzeugen.

Dem Verbraucherinsolvenzverfahren ist eine außergerichtliche Schuldenbereinigung vorgeschaltet: Wenn Frau S. alle Gläubiger davon überzeugen kann, dass die Quote von 10% ein gutes Geschäft ist, dann muss sie noch nicht einmal einen Insolvenzantrag stellen.

Wenn ihr dies nicht gelingt – manchmal scheitert die außergerichtliche Schuldenbereinigung an einem einzigen Gläubiger – dann kann das Gericht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchführen.

Vorteil der gerichtlichen Schuldenbereinigung:

Das Schweigen eines Gläubigers gilt als Zustimmung zum Vergleichsangebot. Außerdem müssen nicht alle Gläubiger dem Plan zustimmen. Es reicht, wenn die Mehrheit der Gläubiger (nach Köpfen und nach der Höhe der Forderung) mit dem Schuldenbereinigungsplan einverstanden ist.

2. Das reguläre Verfahren: Die Privatinsolvenz

Nur wenn auch dieser Einigungsversuch scheitert, muss Frau S. das reguläre private Insolvenzverfahren durchlaufen. In diesem Fall benötigt sie die Unterstützung ihrer Mutter nicht, diese kann die 10.000 EUR behalten und Frau S. ist 6 Jahre nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Schulden los.

Frau S. kann die Restschuldbefreiung sogar ein Jahr früher, also nach 5 Jahren erlangen, weil dann voraussichtlich die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind: bei einem Einkommen in Höhe von 1.300 EUR netto kann der Insolvenzverwalter voraussichtlich monatlich rund 100 EUR vereinnahmen. Die Gesamtsumme von 6.000 EUR in 5 Jahren wird ausreichen, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken.

Sanierung von Unternehmen durch Schuldenbereinigung?

Eine ähnliche Möglichkeit gibt es für die Sanierung von Unternehmen. Dies ist insbesondere für Freiberufler, andere Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften interessant, die für die Verbindlichkeiten des Unternehmens mit ihrem Privatvermögen haften.

Obwohl dies nicht obligatorisch ist, kann auch hier zunächst der Versuch einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung unternommen werden. Allerdings lässt sich der Fiskus erfahrungsgemäß nicht auf eine außergerichtliche Bereinigung ein.

Das Insolvenzplanverfahren - Verhandlung mit dem Fiskus

Konstruktive Verhandlungen sind aber – auch mit dem Fiskus –  im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens möglich.

Bei einem solchen Verfahren reicht der Insolvenzverwalter oder der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Insolvenzplan ein. In diesem Insolvenzplan wird ein Sanierungsvorschlag unterbreitet (z. Bsp. eine Einmalzahlung in Höhe von 10.000 EUR von dritter Seite) und es wird mittels einer Vergleichsrechnung belegt, dass die Gläubiger durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als bei einem regulären Abschluss des Insolvenzverfahrens.

Wenn das Insolvenzgericht den Plan zulässt, findet eine Abstimmung statt. Auch hier gilt, dass lediglich der Mehrheit der Gläubiger (nach Köpfen und nach der Höhe der Forderung) zustimmen muss.

Auf diese Weise ist es sowohl für Verbraucher, als auch für Unternehmer möglich, mit Beträgen von deutlich weniger als 35% der Forderungen innerhalb kurzer Zeit die Restschuldbefreiung zu erlangen.

Wir beraten Sie gerne zu allen Möglichkeiten und entwickeln ein maßgeschneidertes Modell für Ihren Weg zur Restschuldbefreiung.

Rechtsanwältin Yvonne Jesse

Leander J. Gast Rechtsanwälte

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