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Behinderter Erbe

Dem behinderten Kind Vermögen vererben - das so genannte Behindertentestament.

Für das Kind vorsorgen, das ist besonders Eltern von Kindern mit einer Behinderung wichtig. Gerade behinderte Kinder sollen nach dem Tod ihrer Eltern nicht mittellos dastehen, sondern in den vollständigen Genuss ihres Erbes kommen. Doch dem steht das deutsche Erbrecht zunächst entgegen. Zumindest bei behinderten Menschen, die in Einrichtungen leben und arbeiten, die vom Sozialhilfeträger unterstützt werden, beispielsweise im betreuten Wohnen.

In diesen Fällen hat erst einmal der Sozialhilfeträger Zugriff auf das ererbte Vermögen und leitet die Erbschaftsansprüche des Kindes auf sich über. Der rechtliche Grund dafür ist einfach: Sozialhilfe steht nur dem zu, der sich selbst nicht helfen kann, sie wird also nur nachrangig gewährt. Vorrangig muss der Bedürftige sein eigenes Vermögen einsetzen. Davon ausgenommen ist nur der Kern des Privatbesitzes, zum Beispiel ein angemessenes Hausgrundstück und kleineres Barvermögen. So kommt es, dass behinderte Menschen die Kosten für ihre Betreuung unter Einsatz ihres Vermögens zumindest teilweise selbst tragen müssen.

Für das Kind, das erbt, kann das bedeuten, dass sein Vermögen verloren geht, ohne dass das Kind daraus „finanzielle Vorteile“ ziehen kann.

Die Leistungen der Sozialhilfe hätte es auch bei völliger Vermögenslosigkeit erhalten. Unter Umständen bleibt für Wünsche und Bedürfnisse, die über das Maß der Sozialhilfe hinausgehen, vom Erbe nichts übrig. Als die Eltern noch lebten, stand ihr Vermögen noch für besondere Ausgaben für ihr Kind zur Verfügung. Das Kind hat nach dem Tod seiner Eltern diese Möglichkeiten manchmal nicht mehr. Es geht ihm also letztlich finanziell schlechter, obwohl es geerbt hat. Eltern, die ihr Testament planen, empfinden dies als ungerecht.

Doch kann dem Sozialhilfeträger der Zugriff auf das Vermögen verwehrt werden, wenn die Eltern geschickte, testamentarische Verfügungen treffen. Solche Verfügungen wurden früher teilweise von Juristen als sittenwidrig angesehen, da sie zu dem Zweck erstellt würden, den Sozialhilfeträger zu hintergehen. Der Bundesgerichtshof hingegen hat diese Verfügungen grundsätzlich als zulässig angesehen.

Wie lässt sich verhindern, dass das behinderte Kind nach dem Tod der Eltern mittellos dasteht?

Der Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das ererbte Vermögen lässt sich durch ein geschicktes Testament zumindest abmildern, in einigen Fällen sogar ganz vermeiden. Auch eine Übertragung von Vermögen oder eine Schenkung an Geschwister des behinderten Kindes können unter Umständen ein Ausweg sein. (Hier ist unbedingt juristischer Rat gefragt.)

Die Eltern können testamentarische Regelungen treffen, die von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Eine Möglichkeit ist die genaue Teilungsanordnung. Darin schreiben die Eltern fest, welche Teile des Vermögens die einzelnen Erben erhalten sollen. Das kann so formuliert werden, dass das behinderte Kind nur Werte erbt, auf die der Sozialhilfeträger keinen Zugriff nehmen darf. Dazu gehört beispielsweise ein Haus, das vom Erben bewohnt wird oder Bausparvermögen für behinderungsbedingten Wohnbedarf.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das behinderte Kind als so genannten nicht befreiten Vorerben einzusetzen.

Eine andere Person, möglicherweise Bruder oder Schwester, wird dann als Nacherbe eingesetzt. Das behinderte Kind bleibt bis zu seinem Tod (Vor-)Erbe der Eltern. Nach seinem Tod erhält der Nacherbe das Vermögen. Ein Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Vermögen würde auch das Vermögen des Nacherben beschneiden. Und das ist nicht zulässig. Der Nacherbe gilt nicht als Erbe des behinderten Kindes, sondern als Erbe der Eltern. Deshalb kann auch der Nacherbe vom Sozialhilfeträger nicht zur Kasse gebeten werden.

Bei der Vorerbe / Nacherbe-Konstruktion muss zusätzlich ein Testamentsvollstrecker eingesetzt werden, der das Vermögen verwaltet. Nur er und nicht der Vorerbe hat Zugriff auf das Vermögen. Er ist verpflichtet, im Interesse des Erben zu handeln. Da das Vermögen, das der Testamentsvollstreckung unterliegt von möglichen Gläubigern nicht im Wege der Zwangsvollstreckung verwertet werden kann, hat auch der Sozialhilfeträger keinen Zugriff. Um Nachteile zu vermeiden, ist es sinnvoll, frühzeitig geeignete Regelungen zu treffen.


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