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Reform des Erbrechts

Am 1. Januar 2010 sind neue Regeln im Erbrecht in Kraft getreten.

Bei richtiger Planung können nach dem neuen Erbrecht vermögende Erblasser die Ansprüche ungeliebter, pflichtteilsberechtigter Angehöriger deutlich verringern. Das Pflichtteilsrecht schützt Abkömmlinge (Kinder, Enkel) und Eltern sowie Ehegatten und den eingetragenen Lebenspartner des Erblassers, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Aus verschiedenen Gründen werden schon zu Lebzeiten größere Vermögenswerte an einzelne Erben oder Dritte verschenkt. Der so genannte Pflichtteilsergänzungsanspruch der Pflichtteilsberechtigten schwebte dabei wie ein Damoklesschwert über der Schenkung, denn bis Ende 2009 zählten Geschenke, die der Verstorbene innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Tode machte, voll zum Erbe. Enterbte konnten so beispielsweise auch einen Anteil an einem Wertpapierdepot von einem Beschenkten einfordern, das der Verstorbene bereits neun Jahre vor seinem Tod übertragen hatte. Jetzt verringert sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch jedes Jahr um zehn Prozent, bis er dann nach zehn Jahren vollständig entfällt. Hierdurch erhalten sowohl der Erbe wie auch der Beschenkte mehr Planungsmöglichkeiten.

Beispiel: Schenkte der Erblasser einem Freund im sechsten Jahr vor seinem Tod 10.000 Euro, sind für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nur 5/10, also 5.000 Euro anzusetzen.

Der Erblasser erhält damit mehr Freiräume, um über seinen Nachlass zu bestimmen.

Da die pflichtteilsreduzierende Wirkung bereits nach Ablauf eines Jahres einsetzt, werden Schenkungen quasi als Pflichtteilsvermeidungsstrategie interessant. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erblasser sich vollständig von dem geschenkten Gegenstand löst, sich also beispielsweise nicht noch ein Nutzungsrecht an der verschenkten Immobilie vorbehält.

Schenkungen zwischen Eheleuten werden gesondert behandelt. Hier beginnt die Zehn-Jahres-Frist erst mit Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Tod. Ehegatten sind damit letztlich schlechter gestellt als dritte Personen; sie sind somit auch gegenüber nichtehelichen Lebenspartnern benachteiligt.

Nach altem Recht konnte ein Erblasser einen Angehörigen kaum enterben.

Eine vollständige Enterbung kam nur in Frage wenn der Erbe dem Erblasser, seinem Ehegatten oder seinen leiblichen Kindern nach dem Leben getrachtet oder jemanden aus diesem Personenkreis körperlich schwer misshandelt hat. Jetzt liegt auch ein Enterbungsgrund vor, wenn dies nahe stehenden Personen widerfährt, wie dem Lebenspartner, Pflege- oder Stiefkindern.

Beispiel: Wird die Lebensgefährtin des Erblassers durch seinen Sohn schwer misshandelt, rechtfertigt dies nun eine Entziehung des Pflichtteils.

Der bisher geltende Entziehungsgrund eines „ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels“ entfällt. Zum Einen gilt er nach bisherigem Recht nur für Abkömmlinge, nicht aber für die Entziehung des Pflichtteils von Eltern und Ehegatten. Zum Anderen hat er sich als zu unbestimmt und schwammig erwiesen. Das heißt letztlich aber auch, dass ein Erbe nicht mehr leer ausgehen wird, weil er einen „ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel“ führt. Stattdessen berechtigt ab dem Jahr 2010 eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils. Zusätzlich muss es dem Erblasser unzumutbar sein, dem Verurteilten den Pflichtteil zu belassen.

Häufig besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen.

Dies zwang die Erben oft diese Vermögenswerte zu verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Die Auszahlung des Pflichtteils war bisher sofort fällig. Notverkäufe sollen nun durch großzügigere Stundungsmöglichkeiten für die Zahlungsansprüche der Pflichtteilsberechtigten verhindert werden. Hierfür reicht mittlerweile das Vorliegen einer „unbilligen Härte“ für den Erben aus. Die Stundungsmöglichkeit wird jedem Erben gewährt.

Beispiel: Die Lebensgefährtin, die die selbstbewohnte Immobilie geerbt hat, kann eine Stundung gegenüber den pflichtteilsberechtigten Kindern des Erblassers geltend machen, sofern die Erfüllung des Pflichtteils für sie eine „unbillige Härte“ darstellt.

Ein weiterer wichtiger Punkt der Erbrechtsreform ist die bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung.

Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt - über die finanzielle Seite wird dabei allerdings selten gesprochen. Ohne Ausgleichsregelung im Testament gingen pflegende Angehörige in der Regel leer aus. Nach der gesetzlichen Regelung hatten nur Kinder und Enkelkinder, die den Erblasser gepflegt haben, einen Anspruch auf Geld aus dem Erbe. Voraussetzung hierfür war jedoch, dass der ausgeübte Beruf in der ursprünglichen Form aufgegeben wurde. Künftig ist der Anspruch davon unabhängig, ob für die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Fortkommen verzichtet wird.

Beispiel: Der verwitwete Erblasser wird viele Jahre von seiner berufstätigen Tochter gepflegt. Der Sohn beteiligt sich an der Pflege nicht. Der Erblasser stirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen. Der Nachlass beträgt 100.000 Euro. Die Pflegeleistungen sind mit 20.000 Euro anzusetzen. Nach alter Rechtslage erben Sohn und Tochter je zur Hälfte. Künftig kann die Tochter einen Ausgleich für ihre Pflegeleistungen verlangen. Von dem Nachlass wird zugunsten der Tochter der Ausgleichsbetrag abgezogen und der Rest nach der Erbquote verteilt (100.000 - 20.000 = 80.000). Von den 80.000 Euro erhalten beide die Hälfte, die Tochter bekommt aber zusätzlich noch den Ausgleichsbetrag von 20.000 Euro. Sie erhält insgesamt also 60.000 Euro.

Übernehmen Ehegatten, Geschwister oder gar nicht verwandte Personen die wichtige und mühevolle Aufgabe pflegebedürftige Angehörige zu versorgen, wird dies nach wie vor nicht honoriert. Hier ist dem Erblasser nach wie vor zu raten, entsprechende Verfügungen im Testament oder eine vertragliche Vereinbarung zugunsten dieser Personen zu treffen.

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