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Entgelt III

Der Widerrufsvorbehalt muss auch den Anforderungen des § 308 Nr. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) genügen.

Die Wirksamkeit eines Widerrufsrechts des Arbeitgebers beurteilt sich danach, ob der Widerrufsvorbehalt unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Im Grundsatz hat der Arbeitgeber wegen der Ungewissheit und der allgemeinen Entwicklung des Arbeitsverhältnisses ein anerkennenswertes Interesse daran, bestimmte Leistungen, insbesondere „Zusatzleistungen“ flexibel auszugestalten.

Wirtschaftsrisiko des Unternehmens

Dadurch darf aber das Wirtschaftsrisiko des Unternehmens und der allgemeinen Entwicklung nicht auf den Arbeitnehmer verlagert werden.

Die Änderung der Leistung ist zumutbar, wenn der vorbehaltene Widerrufsgrund so gewichtig ist, dass auf die Leistung eingewirkt werden darf. Es bedarf eines triftigen Grundes. § 308 Nr. 4 BGB ist strenger als § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB, der nur fordert, dass die Klausel nicht unangemessen benachteiligt. Das heißt, dass die Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein muss oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG zur alten Rechtslage ist eine Vereinbarung, die dem Arbeitgeber vertraglich das Recht zur einseitigen Änderung einzelner Vertragsbedingungen einräumt, grundsätzlich zulässig. Sie ist nur dann nichtig, wenn sie zur Umgehung des zwingenden Kündigungsschutzes führt. Das wird zumeist der Fall sein, wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages einer einseitigen Änderung unterliegen sollen, durch die das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört wird. Der Vertragsinhaltsschutz gemäß § 2 Kündigungsschutzgesetz dient als Maßstab.

Allerdings kommt es nicht auf eine konkrete Umgehung des Schutzes vor Änderungskündigungen (bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes) an.

Jeder Widerrufsvorbehalt ist unzumutbar, sobald er beim Arbeitnehmer eine Vergütungsminderung von 25 bis 30 Prozent der Gesamtvergütung zur Folge hat. Das gilt unabhängig davon, ob der Widerrufsgrund benannt ist oder ob er klar und verständlich ist, nach § 308 Nr. 4 BGB ist er dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten. Bei der Flexibilisierung von Entgeltbestandteilen muss dem Arbeitnehmer stets der Tariflohn beziehungsweise die übliche Vergütung verbleiben. Nur dann wird dem Arbeitnehmer zu seinem Vorteil eine Leistung zusätzlich zu dem üblichen Entgelt gewährt. Der Arbeitgeber ist dann bis zur Grenze der Willkür frei, die Voraussetzungen des Anspruchs festzulegen und dementsprechend auch den Widerruf zu erklären.

Ausübungskontrolle gemäß § 315 BGB

Auch wenn der Widerrufsvorbehalt selbst wirksam vereinbart wurde, muss die Ausübung der vorbehaltenen Änderung im Einzelfall billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB, beziehungsweise § 106 Gewerbeordnung entsprechen. Die Erklärung des Widerrufs stellt eine Bestimmung der Leistung durch den Arbeitgeber nach § 315 Absatz 1 BGB dar. Billiges Ermessen erfordert die Berücksichtigung der wesentlichen Umstände des Falles und die angemessene Abwägung der beiderseitigen Interessen.

Insbesondere bedarf es für die Ausübung des Widerrufs eines sachlichen Grundes auf Seiten des Arbeitgebers, beziehungsweise eines berechtigten Interesses. Dabei sind die Anforderungen an eine sachgerechte Ermessensausübung nicht zu vergleichen mit den Anforderungen an eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung. Zweck eines von vornherein unter Widerrufsvorbehalt gestellten, zusätzlichen, variablen Lohnbestandteiles ist es, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit haben soll, sich von ihm wieder leicht zu lösen.

Die Ausübung des Änderungsrechts darf nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

Können durch die vorbehaltene Änderung betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden, dann gebietet und rechtfertigt das Ultima-Ratio-Prinzip die Änderung, beziehungsweise den Widerruf einer Leistung als das mildere Mittel im Vergleich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Rahmen der Prüfung der Vorraussetzungen der Widerrufsklausel wird auch geprüft, ob die geltend gemachten wirtschaftlichen Gründe wirklich vorliegen.

Auf den Beispielfall (siehe Entgelt 1) angewandt, bedeutet dies, dass der Arbeitgeber bei der Vereinbarung eines Widerrufsvorbehaltes auf Folgendes achten muss:

  • Er muss die Gründe, die ihn zum Widerruf berechtigen sollen, klar und verständlich ausformulieren.

  • Der unter den Widerrufsvorbehalt gestellte Vergütungsbestandteil darf nicht mehr als 25 bis 30 Prozent der Gesamtvergütung ausmachen, wobei dem Arbeitnehmer der Tariflohn beziehungsweise die übliche Vergütung verbleiben muss.

  • Im Falle der Ausübung des Widerrufs müssen die für die Widerrufsberechtigung ausformulierten Gründe auch tatsächlich vorliegen.

Im Beispiel erhalten die Arbeitnehmer eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.408 Euro (8 Stunden x 8 Euro x 22 Arbeitstage).

Der Grenzwertkorridor im Beispielfall für eine widerrufliche Leistung liegt zwischen 352 Euro (25 Prozent) und 422,40 (30 Prozent).

In der ersten Variante erhalten die Arbeitnehmer für jeden erfolgreichen Geschäftsabschluss eine Provision von 20 Euro. Bei durchschnittlich zehn Abschlüssen pro Monat bedeutet dies eine zusätzliche Vergütung von 200 Euro im Monat. In der zweiten Variante erhöht sich der Stundenlohn um einen Euro. Dies stellt eine zusätzliche, monatliche Vergütung von 176 Euro (8 Stunden x 1 Euro * 22 Arbeitstage) dar. Beide Vergütungsvarianten bleiben also unterhalb des Grenzwertkorridors.

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