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Kettenbefristung

Rechtsmissbrauch durch Kettenbefristung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich mit aufeinander folgenden, befristeten Arbeitsverträgen – der so genannten Kettenbefristung - befasst (Urteile vom 18. Juli 2012 – Aktenzeichen 7 AZR 443/09 und 7 AZR 783/10). Unter bestimmten Voraussetzungen können sich Arbeitnehmer nun darauf berufen, dass Gesamtdauer und Vielzahl der Verträge ein Indiz für Rechtsmissbrauch darstellen. Dies stellt eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung dar, die auch bei Kettenbefristungen die Kontrolle der Zulässigkeit der Befristung grundsätzlich auf den letzten befristeten Arbeitsvertrag beschränkte.

Für die aktuelle Rechtslage ist daher Folgendes zu beachten: Der befristete Arbeitsvertrag eines neu eingestellten Arbeitnehmers kann bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren dreimal befristet verlängert werden, ohne dass dies eines sachlichen Grundes bedarf. Mehrfach verlängerte, befristete Arbeitsverträge können bei neu gegründeten Unternehmen auch bis zu einer Gesamtdauer von vier Jahren abgeschlossen werden. Bei älteren Arbeitnehmern, die das 52. Lebensjahr vollendet haben, ist unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine Kettenbefristung bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren ohne sachlich rechtfertigenden Grund möglich.

Wenn diese Ausnahmebestimmungen nicht eingreifen, bedarf die Befristung von Arbeitsverträgen eines sachlichen Grundes.

Dies betrifft insbesondere Beschäftigungsverhältnisse, die bereits längere Zeit bestehen. Entsprechend der nicht abschließenden Aufzählung in § 14 Absatz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) kommen als Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses etwa vorübergehender betrieblicher Bedarf – zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Projektbefristung – in Betracht. In der Praxis häufig ist auch eine Befristung zur Vertretung eines vorübergehend etwa wegen Krankheit oder Elternzeit abwesenden Arbeitnehmers.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG bezieht sich dabei die gerichtliche Kontrolle, ob die Befristung zulässig ist, grundsätzlich auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag und lässt dabei die „Befristungshistorie“ außer Betracht. Am 17. November 2010 legte das BAG dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) schließlich die Frage vor, ob entsprechende „Kettenbefristungen“ zur Vertretung gerechtfertigt sind. In großen Unternehmen oder im Öffentlichen Dienst fällt häufig ein ständiger Vertretungsbedarf an, der mit Hilfe der Kettenbefristung gedeckt wird. Dieser Bedarf könnte aber auch durch unbefristet tätige Mitarbeiter befriedigt werden.

Nach der hierauf ergangenen Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 hat das BAG nunmehr in den oben genannten Urteilen vom 18. Juli 2012 entschieden, dass grundsätzlich auch ständiger Vertretungsbedarf die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmer rechtfertigen kann. Allerdings können die Anzahl und die Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverträge im Einzelfall ein Indiz für Rechtsmissbrauch darstellen, was dann dazu führt, dass die Kettenbefristung der betreffenden Arbeitsverhältnisse unzulässig wäre.

In den genannten Entscheidungen hat das BAG Hinweise gegeben, in welchen Fällen ein solcher Rechtsmissbrauch vorliegen könnte.

So hat das BAG entschieden, dass vier zur Vertretung abgeschlossene, befristete Arbeitsverträge mit einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Rechtsmissbrauch darstellen. Anders verhielt es sich nach Ansicht des BAG in dem Fall einer Justizangestellten, die vom Land Nordrhein-Westfalen bei einer Gesamtdauer von etwa 11,5 Jahren auf der Grundlage von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt war. Auch für diese Kettenbefristung lag der Sachgrund der Vertretung objektiv vor. Dennoch besteht in diesem Fall aufgrund von Gesamtzahl und Dauer der befristeten Verträge nach Ansicht des BAG das Indiz, dass die Gestaltungsform der Vertretungsbefristung durch den öffentlichen Arbeitgeber rechtsmissbräuchlich ausgenutzt worden war.

Vor diesem Hintergrund dürfte es sich bei längeren Beschäftigungsverhältnissen mit einer Vielzahl befristeter Arbeitsverträge künftig empfehlen, nicht lediglich die Gründe der letzten vertraglichen Befristung zu beachten. Künftig muss bei einer Kettenbefristung auch die Gesamtdauer und Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse in die rechtliche Prüfung einbezogen werden.

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